Producer, DJ, Grafikdesigner, Fotograf, Illustrator, Designer und Kaffeetrinker – All das und mehr ist Martin aka. V.Raeter. Der Berliner Alleskönner hat für uns das »Mascot« T-Shirt gestaltet. Im Interview erzählt er von Inspirationen und Arbeitsweise, vom inneren Kind und seiner Liebe zu Adventure Time.
Du bist DJ und Producer seit über 20 Jahren. Was begeistert dich heute noch daran? Ich freue mich immer wieder, wenn ich was geschaffen habe, was mir gefällt. Producing ist ein Nerd-Ding. Samples sind die Grundlage meiner Musik. Du findest eine Sache, dann eine andere und buddelst dich immer tiefer rein. Da öffnen sich immer neue Universen. Wenn man das liebt, wird man das immer machen. Klar, der geschäftliche Teil kann einem die Lust vermiesen. Gerade in der HipHop-Welt. Ich mache Musik für mich selbst, weil ich es machen muss. Positives Feedback ist dann umso schöner.
Du hast im Interview bei ALL GOOD gesagt, die Zeile »Real Rhymes, not your everyday hologram« von MF DOOM sei oft ein Leitspruch für deine Arbeit. Wieso? Es geht einfach darum, Sachen anders zu machen. Neue Zugänge zu finden. Ich komme aus einer Zeit, in der es extrem wichtig war, einen eigenen Stil zu haben. Wenn du die selben Schuhe anhattest wie der Typ von nebenan, warst du nicht cool. Heute klingt die Musik erfolgreicher Produzenten oft sehr ähnlich. Egal, ob im Trap oder im Lo-Fi-Bereich. Das ist die Generation Type Beat. Für mich ist es das größte Kompliment, wenn jemand sagt: »Das klingt nach dir!«
Bist du ein nostalgischer Typ? Ich glaube nicht. Ich versuche, im Jetzt zu sein. Positiv auf Dinge zu reagieren. Früher war nicht alles besser, nicht alles schlechter. In letzter Zeit ertappe ich mich dabei, an alte Zeiten zurück zu denken. Ich habe schon eine ziemlich lange Reise hinter mir. Alles, was passiert, fühlt sich als neuer Erfolg an. Wenn etwas Besonderes passiert, denke ich ganz oft: »Boah, jetzt geht’s richtig los«. Das ist jetzt schon seit über 20 Jahren so.
Was ist deine schönste Erinnerung? Es gibt viele Momente, an die ich mich erinnere, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Zum Beispiel war ich im September 2019 in New York und das war ‘ne geile Zeit. Super positive Energie, davon zehre ich immer noch. Aber wie gesagt: Ich freue mich jedes Mal auf’s Neue, wenn etwas Neues passiert. Der Höhepunkt ist noch nicht gekommen.
Wie bist du zum Zeichnen gekommen? Mit dem Zeichnen habe ich als Kind angefangen. Das ist das Einfachste. Du brauchst nur Zettel und Stift, dann ist Ruhe. Ich habe Sachen gezeichnet, die ich cool fand. Zum Beispiel die Friedensfahrt, Fahrräder. Wir hatten aber auch Westfernsehen, da habe ich Star Trek und Batman gesehen und die Figuren gemalt.
Was war dein größter Traum als Kind? Ich weiß ziemlich genau, dass ich irgendwann gecheckt habe, dass der Vater meines besten Freundes Grafikdesigner ist. Das war in der dritten Klasse. Auf einmal war mir klar: Mit Zeichnen kann man Geld verdienen. Arbeit war für mich vorher immer das, was keinen Spaß macht. Da wusste ich, ich will diesen Beruf ausüben.
Welche Cartoons begleiten dich schon lange? Star Trek gab es ja auch als Zeichentrickserie, das finde ich heute noch cool. Ich habe ein Herz für Science Fiction. Adventure Time ist für mich eine perfekte Serie, ich liebe alle Figuren. Finde ich inspirierend, aber gleichzeitig belastend. Ich kann’s manchmal nicht schauen, weil es zu gut ist. Vordergründig ist Adventure Time eine Kinderserie, lebt aber von all den Details, Witzen und Referenzen, die Kinder gar nicht verstehen.
Was sind Ähnlichkeiten von Producing und Illustration? Du komponierst etwas, du machst eine Collage aus verschiedenen Referenzen und Assoziationen. Ich bringe Sachen zusammen und erzähle damit eine neue Geschichte. Kochen ist genauso. Für mich ist das alles das Gleiche. Ein Gericht aus verschiedenen Zutaten. Ob es gefällt, ist am Ende eine Frage des Geschmacks. All diese Bereiche sind auch ein Spiel mit Tiefen und Höhen, egal ob Schallwellen oder Geschmacksnuancen oder Gradationskurven. Ich liebe es, zu gestalten.
In deinen Zeichnungen kommt immer wieder Anthropomorphismus vor. Wieso nimmt diese Form der Figurendarstellung eine zentrale Rolle in deiner Arbeit ein? Ich habe keine Ahnung, wo das herkommt. Es wird sicher eine Inspiration dafür gegeben haben. Ich find’s gut, dass die Figuren dadurch gebrochen werden. Das hat eine Niedlichkeit, wie japanische Autos, deren Scheinwerfer einen freundlichen Blick ergeben müssen. Ich versuche, mir eine kindliche Art zu bewahren. Nicht erwachsen zu werden, sondern die Welt wie ein Kind zu sehen. Als Kind gibt es keine Regeln. Wenn du zeichnest, ist alles möglich. Darum kann ich einem Hund eine Hose anziehen.
Wenn man deinen Instagram verfolgt, sieht man immer wieder bemalte Coffee To Go-Becher. Hebst du die eigentlich alle auf? Ja. Manche verschenke ich auch, aber nur, wenn es sich in der Situation ergibt. Es gab auch schon Ausstellungen mit den Bechern. Ich mag die Becher, weil ich da frei gestalten kann. Die Bilder stehen ganz für sich und halten kleine Überraschungen parat. Eine Hand steckt in der Hosentasche, kommt aus dem Ohr wieder raus.
Generell ist die To-Go-Kultur wichtig für dich, auch wenn man deine Songtitel auf »Alltimers« anschaut. Was fasziniert dich daran? Der weiße Becher ist eine tolle Leinwand, auf der ich zeichnen kann. Mir ist klar, dass das kein nachhaltiges Konzept ist – Aber was ich mit den Bechern mache, ist Upcycling. Zuhause habe ich noch sehr viele unbemalte Becher, auch die hebe ich auf. Benutzt müssen sie sein. Dadurch, dass ich generell viel unterwegs bin und viel laufe, komme ich oft mit To Go-Produkten in Berührung. Wie die Currywurst eben.
Was war dein erster selbst gekaufter Sneaker, weißt du das noch? Der erste Sneaker, auf den ich wirklich gespart habe, war der Adidas Forum Low, mit Klettverschluss und hellblauen Streifen. Den habe ich 1998 gekauft, der hat 240 Mark gekostet. Ich feier den Schuh heute noch, in dieser Form gab es auch nie ein Re-Issue. Den habe ich getragen, bis die Sohle durch war.
Dein absolutes Basic ist ein weißes T-Shirt, oder? Ich finde weiße T-Shirts toll. Als Kind habe ich auch immer mal Hemden getragen. Aber das weiße T-Shirt ist auch ein guter Untergrund für Zeichnungen. T-Shirt mit Print haben sicher einen Statement-Faktor. Da lassen sich Messages ganz plakativ übertragen. Wie eine Litfaßsäule. Perfektes Beispiel ist der WALK CLEAN-Schriftzug auf dem Mascot-Shirt von ekn, das ich gestalten durfte.
Wie ist diese Kollaboration zustande gekommen? Ich kenne Marek Bäuerlein schon länger und habe mich super gefreut, als der mit der Idee auf mich zu kam. Er hat sich diese freche Eichel gewünscht. Ich war total euphorisch. Ekn beobachte ich schon lange und finde es richtig cool, dass Marek dort gelandet ist. Damit beweisen sie Mut und schlagen einen Weg ein, der edgy ist. Als ich gefragt wurde, ein Shirt zu designen, war ich sofort an Bord.
Hast du ein Lieblingsprodukt von ekn? Ja, der Keysleeve, den ich gerade trage. In Gelb. Den habe ich gesehen und fand ihn sofort geil. Dann dachte ich: »Brauch ich das wirklich?«. Seitdem ich ihn habe, benutze ich ihn durchgehend.
TOP 5 FOTOGRAF:INNEN
Evelyn Hofer
Arnaud Montagard
Rachelle Mendez
Robert Winter
Phil Penman
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Dexter
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Flako
Farhot
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TOP 5 ILLUSTRATOR:INNEN
Mawil
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F.K. Waechter
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Interview von Till Wilhelm
Fotos von @maxmdy und @vraeter